Samstag, 4. April

Joseph Haydn: Violoncellokonzert in D-Dur

Heute haben wir einen besonderen musikalischen Bonbon für Sie:

Die Cellistin Marleen Hiemsch hätte eigentlich am 19. April in der Petrikirche ein Konzert geben wollen. Dieses muss nun leider ausfallen. Als kleinen Ersatz hat sie uns für unseren "Gruß aus der Kirchengemeinde" eine Aufnahme des ersten Satzes des Cellokonzerts von Joseph Haydn zukommen lassen. Am Klavier wird sie begleitet von Michel Xie.

Die Videodatei ist leider recht groß. Wir hoffen, dass sie sich auf Ihrem Gerät öffnen lässt.

Gedanken zu Römer 8

von Pastor i.R. Friedrich Helms

Liebe Mitchristinnen und -christen in unserer Gemeinde,

ich musste für mein Freundeskreis-Treffen in Loccum am Palmsonntagwochenende  etwas zu Römerbrief Kap.8 schreiben. Hier sind einige Gedanken davon:

Paulus schreibt im Brief an die römische Gemeinde in Kap.8, 18 folgende:

„Ich urteile nämlich so: Die Leiden der Gegenwart sind nicht aufzuwiegen gegen die Herrlichkeit, die an uns offenbar werden wird.
Denn die sehnsüchtige und ungeduldige Erwartung der Schöpfung richtet sich darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen,…aber auf Hoffnung hin.
Denn auch die Schöpfung wird befreit werden von der Sklaverei der Vergänglichkeit zur Freiheit, befreit zu der in göttlicher Klarheit aufscheinenden Freiheit der Kinder Gottes.
Wir wissen ja, dass die ganze Schöpfung mit uns stöhnt und in Geburtswehen liegt bis jetzt.
Aber nicht nur sie sondern auch wir, die wir schon die Geistesgabe als Erstanteil an Gottes Gaben haben, stöhnen aus tiefstem Innern und sehnen uns, ganz Gotteskinder zu werden, frei und erlöst von allem, was uns unfrei macht. Denn durch Hoffnung sind wir gerettet.“

Lieber Freund Paulus, deine Worte haben ja manche rätseln lassen, was du meinst. Man stellte sich vor, du hattest eine Waage vor Augen. Auf der einen Waagschale stapeln sich Leid, Not, Krankheit, Sterben und Trauer, vergebliches Tun, Fehlerhaftes und andere Unzulänglichkeiten. Auf der anderen Schale liegt nur ein einziges Geschenkpäckchen, die zukünftige Herrlichkeit. Doch sie ist gewichtiger als die vielen Packen auf der anderen Seite, lässt deren Waagschale ganz leicht werden während die Schale mit der zukünftigen Herrlichkeit alles aufwiegt.

Hätte Paulus so gedacht, würde er die Leiden unserer Zeit und in unserem Dasein bagatellisieren. Die „pathaemata“, das Pathologische im Jetzt würde nicht ernst genommen. Nein, alles Leiden ist real und darf nicht kleingeredet werden. Und doch geschieht es immer wieder. In Trump’scher Manier hieße das: Was sind schon vorübergehende Probleme angesichts des wunderbaren Ziels „America first“? Oder das, was die ironische Anzeige des Autovermieters Sixt in der SZ karikierte mit einem verwuschelten Weißblonden am Steuer eines Geländewagens im Busch und der verschwörerisch-verführerischen Einladung: „Auch mal Lust, die Karre in den Dreck zu fahren?“

All das ist für Paulus mit dem Ausdruck des Predigers ein הֶבֶל, ein Nichts. „Menschliches Wesen, was ist’s gewesen?“ (P. Gerhardt, EG 449,7); „Gott, lass dein Heil uns schauen, auf nichts Vergänglichs trauen, nicht Eitelkeit uns freun;“ (M. Claudius, EG 482,5).

Nein, Krankheiten, die Corona-Krise, soziales Ungleichgewicht, wirtschaftliche Einbußen, politischer Machmissbrauch, sich allmächtig gebärdende Großkonzerne, alles ist pathologische Gegenwart. Der Blick darauf könnte zu Verzweiflung, Apathie, Gleichgültigkeit oder auch zum Mitmachen und Einsteigen in mafiöse Strukturen. Paulus verwehrt sich und uns diese Sichtweisen. Ihm scheint eine anders geartete Herrlichkeit auf, eine neue, von allen Pathologien freie Schöpfung. Sie ist für ihn keine Utopie sondern um erhoffte und bei Gott mögliche Wirklichkeit. Es geht um die unaufgebbare Veränderung der Gegenwart. Nur deshalb hat Paulus in Damaskus nicht abgewartet noch die Hände in den Schoß gelegt sondern sich auf den Weg gemacht.

Paulus kommt dann auf das Bild einer Hochschwangeren und der Geburt. Das Bild suggeriert mit Wehen und Geburt, es handle sich um eine kurze, übersehbare Zeitspanne, ein unaufhaltbares Geschehen, und es gälte nur die Wehen zu überstehen um dann befreit davon ein Kind, einen neuen Menschen geboren zu haben. Etwas später reden ähnlich die Evangelien z.B. in Mark.13:

„Wenn ihr hören werdet von Kriegen und Kriegsgeschrei, so erschreckt nicht, es muss geschehen. Aber das Ende ist noch nicht da. Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben ..., es werden Erdbeben geschehen hier und dort, es werden Hungersnöte sein: das ist der Anfang der Wehen. … Die aber bis zum Ende standhalten, die werden heil werden.“

Hier hat sich die Zeitspanne schon verlängert, Kriege und Hungersnöte und ihre Folgen pflegen länger zu dauern und ihr Ende ist unabsehbar und ungewiss wie die Corona-Krise jetzt. Ist das wirklich alles: nur tapfer standhalten und warten?

Und doch steckt etwas Richtiges in diesen Worten: Es gilt nicht nur apathisch zu leiden, angesichts der jetzigen Zustände den Kopf hängen zu lassen und nur ohnmächtig zu bleiben. Es gibt anderes und es kommt anderes, nicht durch unser Zutun allein aber hoffentlich mit unserem Zutun. Und unsere Sehnsucht nach der wahren Schöpfung Gottes bleibt unstillbar. Unser Hoffen bleibt nicht kraftlos. Wir widerstehen den pathologischen Zuständen dieser Welt. Paulus redet nicht umsonst wie nur an wenigen anderen Stellen von der Schöpfung Gottes. Damit bekommt unsere Sicht auf die Welt eine neue Qualität.

Ist das Nicht-Aufwiegen so zu verstehen, dass Leiden und Herrlichkeit nicht gegeneinander aufzuwiegen sind und nicht miteinander verrechnet werden können? Können wir dann, was Paulus  mit der Zukunft der Herrlichkeit meint, so verstehen: Er spricht von einer Herrlichkeit, die als eine andere, als die göttliche  Wirklichkeit stets gegenwärtig ist und so jederzeit auf uns zu kommt? Dann wäre unsere Welt jederzeit und immer wieder transformierbar in Gottes Schöpfung. Dafür wäre Jesus Christus Zeuge. So könnten auch wir es sein: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur.“ (2.Kor.5,17) Wir sind zu einer neuen Schöpfung Berufene und werden als Kinder Gottes sichtbar mit Glauben, Liebe und Hoffnung.

In Verbundenheit des Glaubens, Ihr Friedrich Helms, P. i.R.

Fotos: ©Viola Chrzanowski