Quasimodogeniti

Gottesdienst zum Sonntag Quasimodogeniti

Den Gottesdienst feiert mit uns Herr Pastor i.R. Hans Joachim Schliep.

Glockengeläut

Lassen Sie für sich die Glocke der Nikodemuskirche läuten!

Wochenspruch

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

(1. Petrus 1,3)

Orgelmusik zum Eingang

Unser Kantor Dietmar Zeretzke spielt für uns eine Choralbearbeitung zu dem Lied "Christ ist erstanden".

Christ ist erstanden

Begrüßung

Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

»Quasi modo geniti«. Seit den Anfängen der Christenheit trägt der erste Sonntag nach Ostern diesen lateinischen Namen. »Quasi modo geniti« heißt zu deutsch: »wie die neugeborenen Kinder« (1. Petrus 2,2). Wie neugeboren - so fühlten sich die Menschen, die sich am Ostersonntag bei Sonnenaufgang hatten taufen lassen. Dann trugen sie sieben Tage lang ein weißes Gewand. Am Sonntag nach Ostern, bei ihrem ersten Abendmahl, legten sie es wieder ab. Darum heißt dieser Sonntag auch »weißer Sonntag«.

Lassen Sie uns im Gedenken an diese Tradition und unsere eigene Taufe den alten Osterhymnus anstimmen:

EG 99: Christ ist erstanden

Christ ist erstanden
von der Marter alle;
des solln wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

Wär er nicht erstanden,
so wär die Welt vergangen;
seit dass er erstanden ist,
so lobn wir den Vater Jesu Christ’.
Kyrieleis.

Halleluja, Halleluja, Halleluja!
Des solln wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

Text: Bayern; Österreich 12. bis 15. Jh.
Melodie: Salzburg 1160/1433, Tegernsee 15. Jh., Wittenberg 1529

Psalm 116

Stricke des Todes hatten mich umfangen,
des Totenreichs Schrecken hatten mich getroffen;

aber du hast meine Seele vom Tode errettet,
mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten.

Ich werde wandeln vor dem HERRN
im Lande der Lebendigen.

Ich will den Kelch des Heils nehmen
und des HERRN Namen anrufen.

Gebet zum Eingang

Gott – im Himmel und auf Erden,
wir haben Jesus Christus nicht mit eigenen Augen gesehen
und unsere Hände haben seinen Leib nicht berührt.
Dennoch wagen wir, in seinem Sterben und Auferstehen
unser eigenes Leben zu gründen und zu bergen.
Wir bitten dich, dazu erfülle uns mit deinem Geist,
der uns ermutigt, zu glauben, zu hoffen und zu lieben.
Durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn.
Amen.

(nach Ev. Gottesdienstbuch, S. 325)

Biblische Lesung aus dem Evangelium des Sonntags: Johannes 20,24-29

Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.

Da sagten die anderen Jünger zu ihm: ›Wir haben den Herrn gesehen.‹

Er aber sprach zu ihnen: ›Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meine Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben.‹

Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: ›Friede sei mit euch!‹

Danach spricht er zu Thomas: ›Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!‹

Thomas antwortete und sprach zu ihm: ›Mein Herr und mein Gott!‹ Spricht Jesus zu ihm: ›Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.‹

Ansprache

Hören Sie die Ansprache, gesprochen von Herrn Pastor i.R. Schliep selber, oder lesen Sie sie. Zum Anhören klicken Sie hier:

Ansprache zum Sonntag Quasimodogeniti

 

Liebe Leserin, lieber Leser!

»Quasi modo geniti« - »wie die neugeborenen Kinder«. Unter den Getauften nach den ersten Osterfesten könnten manche dabei gewesen sein, die Jesus noch gekannt haben. Bald aber wurde er auch den frühen Christinnen und Christen gegenwärtig allein durch das mündliche Zeugnis, das die ersten Jüngerinnen und Jünger aller Welt gaben. Diese veränderte Lage spiegelt der letzte Vers des heutigen Evangeliums. In Joh 20 Vers 29 sagt Jesus zu dem Jünger Thomas: »Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!«

Jesus erwartet kein blindes, fragloses Vertrauen, sondern lädt Thomas ein zu einem Glauben, der mehr »sieht« als Augen sehen! Mehr »sehen« als seine Augen sehen - das will auch Thomas, als er Jesu Wundmale sehen will. Denn er war ja woanders, als der Auferstandene das erste Mal in den Kreis der verängstigten, von totalem Vertrauensverlust erschütterten Jüngerinnen und Jünger trat, sie mit »Friede sei mit euch!« grüßte und ihnen seine Wundmale zeigte.

Thomas will dem, was die anderen ihm davon erzählen, durchaus vertrauen. Gleichwohl keiner spirituellen Phantasterei aufsitzen, keinem religiösen Phantom jenseits unserer Wirklichkeit, ohne Beziehung zum Leibhaftigen, Irdischen, Sterblichen.

Thomas, mein ›Lieblingsjünger‹, ist kein »Ungläubiger«. Denn er scheint zu wissen: Kreuz und Auferstehung gehören zusammen! Und aufgewachsen mit »Mose und den Propheten« erinnert dieser fromme Jude sich an das, was Jesaja im 53. Kapitel vom »Knecht Gottes« verheißen hat: »Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen.« (Jes 53,4) Darin ist die Einsicht enthalten: Leiden kann nur durch Leiden hindurch überwunden, der Tod nur durch den Tod hindurch in neues Leben verwandelt werden! Darum muß Thomas fragen: Ist der auferweckte Jesus wirklich der, der am Kreuz starb?

Mit Thomas’ Verlangen ist Jesus durchaus einverstanden. Er lässt - von sich aus - Thomas seine Wundmale sehen, fordert ihn sogar auf, seine Hände in seine Seite zu legen. Doch nun braucht Thomas gar keinen handgreiflichen Beweis mehr! Schon aus Jesu Bereitschaft, sich berühren zu lassen, spürt er, wie Jesu neues Sein ganz bei Gott und sein Sein ganz bei den Menschen zusammengehören, wie Kopf und Zahl. Ja, seine Auferstehung bestätigt seinen Kreuzestod als Akt mitleidender Liebe. Den die Römer wie einen Rechtlosen töteten - Gott hat ihn ins Recht gesetzt. Dessen Würde sie in den Dreck treten wollten - Gott sie ihm auf ewig bestätigt. Jesu Wundmale, sein Schmerz, sein Sterben sind seine Würde! Wir Menschen tragen schon im Leben die Vorzeichen des Todes an uns. Seit OSTERN indes ist der Tod zwar immer noch eine harte Grenze, aber nicht das Ganze, nicht das Ende, nicht das letzte Wort Gottes.

»Schmerz« - was ist das eigentlich? Es gibt noch keine abschließende medizinische Definition. Und wir sind froh, wenn wir die Schmerzen wieder los sind! Schnell weg damit! Und doch - Schriftsteller wie Siegfried Lenz, Philosophen wie Hans-Georg Gadamer, der mit lebenslangen Schmerzen 100 Jahre alt geworden ist, haben es so gesagt - der Schmerz gehört zum Leben. Ja, wider meinen Willen erfahre ich in den Schmerzen, die mich auf den Tag genau seit 7 Jahren jede Minute beanspruchen, mich selbst. Völlig anders als im Glück. Doch Glück und Schmerz - beide gehen uns unbedingt an, wie der Glaube das ist, was uns unbedingt angeht!

Ich wünsche Glück, Ihnen, mir, allen anderen! Gerade jetzt, in dieser verrückten Zeit. Obschon Todesgefahren den Alltag der Mehrheit der Erdbevölkerung prägen. Ihret- und unseretwegen brauchen wir mehr als bisher nüchterne Vernunft, kluge Rücksichtnahme, vorausschauende Vorsicht, erhöhte Sensibilität für alle, die besonders bedroht und bedrückt sind. Ebenso für die, die anderen beistehen, oft über ihre Kräfte hinaus. Damit wir wieder frei leben, uns furchtlos berühren!

Dem Thomas geht es um’s Wahrnehmen, um ein genaues, zugleich menschenfreundliches »Hinsehen«. Und gerade der Auferstandene, der Mensch, der schon ganz Gottes Leben lebt, lässt ihn seine Wundmale »sehen«. Durch ihn ist Gott bei uns im Schmerz. Durch ihn sind auch wir beieinander in unseren Schmerzen - und haben Augen füreinander, achtsame, sorgende, liebende.

Die Blicktiefe des Glaubens! Dazu gehört der Blick für das, was in unserer auf Hochglanz polierten Gesellschaft oft kaschiert wird: unsere Verletzlichkeit und Verwundbarkeit, unsere Leiblichkeit, die so ausdrucksvoll und so gestaltungsfähig, zugleich so bedürftig und so beschädigt, so anfällig und so hinfällig ist, deren Zerbrechlichkeit zur wahren Menschlichkeit beiträgt. Zu unserer Freiheit gehört unser Angewiesensein. Erkennen wir das noch tiefer, besiegen wir den Virus!

Ein derart sehender Glaube, ein derart glaubendes Sehen nimmt den Menschen wahr, wie er wirklich ist. Eine weitere Facette der Osterbotschaft: Der Sinn meines Lebens liegt jenseits der Intaktheit meiner Sinne! Würde ist unabhängig von Wohlergehen!

Dieses neue »Sehen« wird Thomas zuteil. Er erblickt in dem alten, verwundeten Leben Jesu schon das neue - und im neuen Leben erkennt er, wie schon das alte voller Liebe, voller Mitleben und Mitleiden, voller tiefer Menschlichkeit war. So ist Thomas auf dem Weg, den Jesus Christus ihm weist: »Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.«

Damit sind ebenso wir gemeint. Thomas ist auch unser »Zwilling«. Er steht für alle nachfolgenden Generationen der Christenheit, die woanders waren, als das Osterlicht im »Friede sei mit euch!« plötzlich in die dunklen Herzen der Jüngerinnen und Jünger hineinbrach. Warum ihn noch berühren?! Sein Gottvertrauen, seine Lebendigkeit, sein Leben für andere - längst berühren sie uns! Geschehen in unserer Taufe: Anfang unseres Glaubens.

Gerät aber unser Glauben doch ins Stocken?! Überkommen uns radikale Zweifel am Sinn der Schöpfung?! Werden wir irre an Gott?! Das wäre, wie in anderen, auch in der Corona-Krise nur zu verständlich! Dann ist Thomas ein Beispiel, wie gerade unsere bohrenden Fragen Gott näher zu uns hinbringen. Der Theologe Paul Tillich hat von der »Rechtfertigung des Zweiflers« gesprochen: Wer ehrlich, beharrlich an Gott zweifelt, ist an Gott unbedingt interessiert und orientiert! Dem ist Gott, der in Jesus Christus unser fundamentales Fragen, unsere fragile Leiblichkeit mit uns lebt, näher als wir uns selbst. Also fällst du niemals tiefer als in Gottes Liebe.

So wirkt OSTERN weiter.

Amen.

Orgelmeditation

Wir hören eine Orgelmeditation von Johann Sebastian Bach (BWV 628) zu EG 105: Erstanden ist der heilig Christ

Er ist wahrhaftig auferstanden!
Halleluja! Halleluja!

Bekenntnis

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.

Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

(Dietrich Bonhoeffer, zitiert nach Ev. Gottesdienstbuch, S. 540)

Lied EG 100: Wir wollen alle fröhlich sein

Orgel: Dietmar Zeretzke

1. Wir wollen alle fröhlich sein
in dieser österlichen Zeit;
denn unser Heil hat Gott bereit’.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja,
gelobt sei Christus, Marien Sohn.

2. Es ist erstanden Jesus Christ,
der an dem Kreuz gestorben ist,
dem sei Lob, Ehr zu aller Frist.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja,
gelobt sei Christus, Marien Sohn.

3. Er hat zerstört der Höllen Pfort,
die Seinen all herausgeführt
und uns erlöst vom ewgen Tod.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja,
gelobt sei Christus, Marien Sohn.

4. Es singt der ganze Erdenkreis
dem Gottessohne Lob und Preis,
der uns erkauft das Paradeis.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja,
gelobt sei Christus, Marien Sohn.

5. Des freu sich alle Christenheit
und lobe die Dreifaltigkeit
von nun an bis in Ewigkeit.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja,
gelobt sei Christus, Marien Sohn.

Text: Str. 1 Medingen um 1380; Str. 2-5 bei Cyriakus Spangenberg 1568 nach »Resurrexit Dominus« 14. Jh.
Melodie: Hohenfurt 1410, Böhmische Brüder 1544, Wittenberg 1573

Gebet

Unser Ev. Gesangbuch enthält unter den Ziffern 813 bis 951 Gebete, die uns Worte leihen sowohl für persönliche Lebenslagen und Anliegen als auch für besondere Ereignisse und Zeiten.

Ich schlage Ihnen vor, sich aus diesen Gebeten dasjenige herauszusuchen, das Ihr Anliegen hier und heute am besten auszudrücken hilft oder Sie anregt, es um- oder neu zu formulieren. Am Schluss mag das Gebet stehen, das wir Jesus Christus verdanken:

Vater unser

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigem.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Segen

Bleiben Sie im Segen Gottes behütet und bewahrt an Leib und Seele!

 

Der HERR segne dich und behüte dich.

Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

Amen.